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Ich habe einen Traum (Zum 1. Advent)

Ich habe einen Traum, eine Hoffnung, eine grosse Vision

 

Advent – das lateinische Wort bedeutet Ankunft – ist zunächst die Zeit, in der wir uns auf Weihnachten vorbereiten. Es geht um das Ereignis, das unsere Zeitrechnung in ein Davor und Danach einteilt: Vor Christus und nach Christus. Damals um die Zeitenwende träumte das kleine Volk Israel unter römischer Besatzung vom Kommen des Messias, der eine neue Zeit bringt und das Joch der Unterdrückung zerbricht. Wie in ihren alten Schriften angekündigt, kam tatsächlich einer, der auf die Frage: Bist du der Messias? antwortete: «Du sagst es.» Dieser Wanderprediger Jesus mit seinen zwölf Jüngern wurde von vielen bewundert wegen seiner Worte, seinem liebevollen Verhalten den Menschen gegenüber, die verachtet wurden, und wegen seinen Wundern. Für die damalige Mächte war er eine Bedrohung: Für das römische Kaisertum, das sich als einzig zu verehrende Gottheit sah, aber auch für die religiöse Elite in Israel. Er wurde ihnen zu gefährlich - und sie töteten ihn. Das merkwürdige ist, dass es nicht zu einem Ende kam, sondern zu einem Aufbruch, da sich die die Menschen weiterhin nach diesem Messias sehnten.

 

Heute ist der Advent eine Zeit, die uns mitten in einer Welt, in der so vieles schief läuft, einlädt dennoch an der Hoffnung festhalten. Wir überlassen die Welt nicht einfach sich selbst, wir orientieren uns an Gottes Vision und setzen wenigstens ansatzweise etwas um, dass zeigt, dass «es auch anders geht.»

 

Einer dieser Träumer und Visionäre war Martin Luther King, der die USA vor dem Bürgerkrieg bewahrte und durch gewaltlosen Widerstand die ungleiche Behandlung der verschiedenen Rassen wenigstens durch das Gesetz beheben konnte.

 

In der Gegenwart brauchen wir erneut Träumer und Visionäre, die weiterhin im Namen Gottes unter Einsatz ihres Lebens für die Einhaltung der elementaren und christlichen Menschenrechte kämpfen. Einer davon ist der Ukrainer Myroslaw Marynowytsch, mit dem ich persönlich in Kontakt stehe. In seiner Jugendzeit schloss er sich der ukrainische Helsinki-Gruppe an. Diese Bewegung wurde durch den damaligen Präsidenten der USA, Jimmy Carter, angeregt. 1975 kam es in Helsinki zu einer Vereinbarung zu Gunsten der Menschenrechte, die auch der damalige Präsident der Sowjetunion, Leonid, Breschschnew, unterschrieb. Er rechnete aber nicht damit, dass es in seinem Reich Menschen gäbe, die sich genau dafür engagieren. Obwohl die ukrainische, wie die russische Gruppe, ein eigentliches legales Ziel verfolgte, geriet sie sofort in den Fokus des KGB. Alle Mitglieder wurden abgehört, verhaftet und zu Straflager und Verbannung verurteilt. So auch Myroslaw Marynowytsch, der für seinen Einsatz später zum «Ritter der Ukraine» geschlagen wurde. Seine Erlebnisse hat er unterdessen in seinen Memoiren «Das Universum hinter dem Stacheldraht» veröffentlicht. Das Werk wird nächstes Jahr auch auf Deutsch erscheinen.

Am Schluss beschreibt er seine Vision im Blick auf den gegenwärtigen Krieg von Russland gegen die Ukraine und zeigt den Weg auf, wie es möglich werden kann, dass Völker sich von ihren Altlasten trennen und eine echte Zukunft entsteht. Er schreibt:

 

«Ich hätte gerne von Martin Luther King die Gabe, vorauszusehen, wie eine Gesellschaft entsteht, die heute einen Schwarzen nicht nur in ein Kaffee für Weisse lässt, sondern auch die Türe des Weissen Hauses öffnet. Ich will deshalb weiterhin meine eigene Version von «I have a dream» pflegen.

 

Ich glaube, dass der Tag kommt, an dem, was bisher nicht erreicht wurde, verwirklicht wird: Die Verbrechen des Kommunismus werden in einem würdigen Gerichtsverfahren als Verbrechen an der Menschheit eingestuft, wie das in Bezug auf die Sünde des Nazismus geschah. Putin und seine Clique werden zusammen mit ihren Satelliten für ihre Versuche, das vergangene Übel des Kommunismus neu aufzurichten, von einem internationalen Tribunal verurteilt.

 

Alle bis vor kurzem kommunistischen Völker - und vor Russland - müssen eine Katharsis durchstehen, die sie vom Erbe der eigenen kommunistischen «Dämonen» reinigt. Und sie müssen auch ihre eigene Verantwortung für ihre blutige Vergangenheit übernehmen und bereuen.

 

Gottes Stunde geschieht, wenn geistig geläuterte Völker ihr durch unzählige Opfer des Kommunismus beschmutztes Kleid ausziehen, und geschieht, was nur ein Opfer als sein moralisches Recht tun kann: zu vergeben.

 

Max Hartmann, Brittnau

 

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