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Ausstellung Nowa Ikona in Riehen

Am Freitag, 22. März konnte im Rahmen einer eindrücklichen Feier mit  Gesang des ukrainischen Chores aus der Region Basel die Ausstellung "Nowa Ikona" im Gästezentrum der Kommunität der Diakonissengemeinschaft Riehen eröffnet werden. Auch eine Gruppe von 6 Künstlerinnen und einem Künstler aus der Ukraine und Polen, und mein Freund Mateusz Sora, dem Kurator der Ausstellungen "Nowa Ikona" waren unter uns anwesend. Siehe Namen und Fotos am Schluss.

 

Gezeigt wird eine hochwertige Auswahl einer neuen Art der Kunst der Ikone in ihrer Diversität, entstanden durch akademisch ausgebildete Künstlerinnen und Künstler aus der Ukraine und Polen.

 

Die ausgestellten Werke sind alle im Rahmen der jährlichen Workshops entstanden. Die Initiative dazu ging vom Inhaber des Lehrstuhls für Sakrale Kunst an der Kunstakademie in Lemberg aus. Diese entstand, als die Ukraine unabhängig wurde. Zuvor war die Ikonenmalerei bedingt durch das Diktat der kommunistischen atheistischen Ideologie eine verbotene Kunst. Die Leute sollten nicht mehr Ikonen in ihren Wohnungen haben und zum «wissenschaftlichen Kommunismus» umerzogen werden. Zudem gab es in der Ukraine eine besondere, alte Kunst der Ikonenmalerei in der ukrainischen Kultur.

 

Mehr zur Dauer und dem Ort der Ausstellung ist im Plakat des Bildes zu diesem Beitrag ersichtlich.

 

 Eine eigenständige Kultur der Ukraine 

Heute erklärt Putin laufend, es gäbe gar keine eigenständige Kultur und Sprache in der Ukraine, die Bevölkerung wäre russisch. Wer russisch versteht, kann ukrainisch aber nicht ohne weiteres verstehen. Die Sprache ist etwa so verwandt wie die verschiedenen romanischen Sprachen unter sich. Die Kultur der Ukraine, ihre Sprache, Kunst und Literatur, ihre Volkstradition wurden im Laufe der bewegenden Geschichte des Landes immer wieder entweder ganz unterdrückt, verboten und sogar verfolgt, oder allenfalls von den Besatzungsmächten Russland, Polen und Russland zwar im Privaten geduldet, aber als minderwertige Kultur angesehen: die Volkskultur ungebildeter Bauern.

 

Auch bei uns wurde und wir, bedingt durch Unkenntnis oder die russische Propaganda, immer noch häufig die Meinung vertreten, Russen und Ukrainer seien «Brüdervölker», und dabei die die Russen die älteren Brüder. Wenn es so sein würde, wäre es umgekehrt: Die Ukrainer wären die älteren Geschwister. Als der christliche Glaube vom Süden her in Kyjiw ankam und angenommen wurde, existierte Moskau noch nicht und ebenso kein russisches Reich. Die «Kyjiwer Rus»  stand unter der Herrschaft der Waräger (Wikinger aus Skandinavien).

 

In der unzähligen langen Geschichtserzählungen von Putin, die eine völlige ideologische Verzerrung der tatsächlichen Geschichte sind, ist stets einer «Rus» die Rede, womit Putin Russland Imperium mit Moskau als geistliches Zentrum der russischen Orthodoxie meint. Diese Bezeichnung entstand im 16. Jahrhundert durch den den Zaren Iwan den Schrecklichen. In der Kirchengeschichte war zunächst Byzanz (Konstantinopel und Istanbul das Zentrum. In ihrem Bereich entstanden durch die Verkündigung des Apostels Paulus erste Gemeinden im Bereich von Kleinasien und Griechenland, nachdem schon in Syrien, Ägypten und Äthiopien Gemeinde entstanden waren. Doch bald danach entstand in Rom das zweite Zentrum, die Westkirche mit ihrem Oberhaupt, dem Papst. Im Jahre 1053 kam es zum «grossen Schisma» - die Ost- und Westkirche, später dann die Trennung der orthodoxen Sphäre in Byzanz und Moskau.

 

Von einer «Kyjiwer Rus» ist bereits ab 862 die Rede, als die Stadt zum Zentrum der Kyjiwer Rus wurde, damals dem grössten Reich in Europa, von der Ostsee bis teilweise ans Schwarze Meer. Die ursprüngliche Bevölkerung des grössten Teils der heutigen Ukraine war damals von slawischen, finnougrischen und baltischen Stämmen bewohnt, wurde aber von da an  mehrheitlich slawisch geprägt.

 

Historisch beschreibt es Wikipedia richtig:

 

«Die Bezeichnung „Rus“ erhielten die Herrschaftsgebiete des Geschlechts der Rurikiden, das nach ihrem Dynastiegründer, dem Stammesfürsten Rjurik, benannt ist. Entlang des Weges von den Warägern zu den Griechen bildete sich eine Handelskette zwischen Ostseeraum, Schwarzem Meer und Bosporus. Dieses Gebiet wurde unter der Herrschaft der Rurikiden und des namensgebenden Stammes Rus vereinigt. Der Begriff „Kiewer Rus“ wurde im 19. Jahrhundert vom russischen Historiker Nikolai Karamsin geprägt, um die Kiewer Epoche in der Geschichte der Rus politisch und zeitlich von den späteren Epochen der Wladimirer Rus und Moskauer Rus abzugrenzen.»

 

Putin benutzt seine Geschichtsversion in seiner Propaganda als eine seiner Rechtfertigungen des Angriffes auf die Ukraine mit dem Ziel einer «Entmilitarisierung», «Entnazifizierung» der Ukraine und ihrer Vereinigung mit Russland.

 

 

Eine neue Art der Ikonenmalerei

 

Im Raum der orthodoxen Kirchen ist die Ikone eine Tradition der Sakralkunst, die uns in allen ihren Kirchen durch die «Ikonostase» begegnet, einer Wand mit verschiedenen Ikonen. Auch auch in den Häusern der Gläubigen hängen kleine Ikonen. Ihre traditionelle bei uns bekannte Ikonenmalerei bedeutet ein betendes, möglichst präzises Nachmalen alter heiliger Vorlagen.

 

In der Zeit der Sowjetunion und der übrigen kommunistischen Sphäre gehörte durch den staatlich verordneten Atheismus die Ikone zu einer verboten Kunst. Viele Werke wurden zerstört oder wertvolle Stücke in den Westen zur Beschaffung von Devisen verkauft.

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Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der neuen Unabhängigkeit der Ukraine wurde die alte Tradition der ukrainischen Ikonenmalerei wieder aufgenommen und es entstand in Lemberg/Lwiw in der Ukraine sogar ein Lehrstuhl für Sakralkunst und die Wissenschaft der Renovation alter Werke, wo sich zahlreiche junge begabte Künstler ausbilden liessen. Dabei entstand der Wunsch, nicht einfach nur auf die traditionelle Weise zu malen, sondern ihre Werke frei und auf eine neue, moderne Art gestalten zu könne.

 

In diesem Rahmen entstand die Initiative «Nowa Ikone mit ihren jährlichen Treffen und zahlreichen Ausstellung mit internationaler Resonanz. Ein Teil dieser neuen Kunst ist nun in Riehen zu sehen.

 

 

Die Spiritualität der Ikone

Die neue Art der Ikonenmalerei wurde wesentlich inspiriert durch den grossen polnischen Künstler Jerzy Nowosielki (1921-2011), der aus dem Bereich der südöstlichen Vorkarpaten stammt, die heute teilweise zu Polen gehören. Er gehörte zur Minderheit der Lemken, die nicht katholisch wie sonst in Polen, sondern orthodox geprägt sind.

 

Nowosielski malte zunächst profane Kunst, später jedoch aus persönlicher Überzeugung und als ein bewusstes Bekenntnis zu seinem christlichen Glauben Sakralkunst – und damit Ikonen. Er tat es bereits in seinen Anfängen auf eine freie Weise und betonte gleichzeitig immer wieder die wirkliche Bedeutung der Ikone für die östliche christliche Spiritualität.

 

Dazu einige seiner Äusserungen aus den eindrücklichen  Gesprächen eines berühmten polnischen Journalisten im Buch «Mein Christus». Ich werde es demnächst in meiner Bearbeitung einer deutschen Übersetzung veröffentlichen.

 

„Mich interessiert nur die Kunst, in der in einem Bild auf irgendeine Art die Existenz des Schönen oder des Bösen in unserer Wirklichkeit zu finden ist. Nur sie lässt uns diese unbestreitbare Tatsche erleben. Meine Inspiration für meine Arbeit in der gegenständliche Kunst  - die abstrakte Kunst lasse ich dabei für einmal weg, da sie viel schwieriger zu erklären - schöpfe ich jeweils aus meiner Erfahrung der Wirklichkeit, die wir leben, in der wir uns alle befinden.

 

In der christlichen Weltanschauung wird unsere Wirklichkeit als etwas angesehen, was durch durch zwei für uns alle entscheidende schreckliche Ereignisse bestimmt ist: Das erste wird in  der christlichen Tradition als den „Sturz der Engel vom Himmel“ bezeichnet,  das zweite sind die Folgen für unsere menschliche Spezies, die „Erbsünde“. Daraus ergibt sich, dass sich die Wirklichkeit nicht ohne die Existenz des Bösen erleben lässt.

Doch genau an diesem Punkt kommt es zu diesem merkwürdigen Phänomen, dass wir in der Kunst das Wunder der Schönheit erleben könne, bedingt durch die besondere Sensibilität eines Künstlers für das Schöne.

 

In meiner Kunst geht es immer um ein Eschaton, um eine Situation des Abgrunds, in dem wir stehen. In demjenigen Moment, in dem wir uns als menschliches Kollektiv dessen bewusst sind, dass wir tatsächlich am Grund stehen, wird diese endzeitliche Situation zu einer nahen Wirklichkeit, und wir werden uns immer mehr bewusst, was Kunst für uns eigentlich heisst – ein grosses Projekt der Bekehrung unseres Herzens.

 

Eine Ikone nicht nur ein Kunstwerk, sie ist eine Art Fenster zum Himmel, eine Art Hilfe für unser Gebet.“

 

 

Unsere Künstlerinnen und Künstler

Natalja Ruseska, Ehepaar Joanna Mazus / Ksistof Sokolovski, Olha Kravchenko, Ulyna Tomkevych, Kateryna Kuziv, Katarzyna Jakubowska, Mateusz Sora

 

Broschüre zur Ausstellung  als PDF. Ein hochwertiger Druck ist in der Ausstellung erhältlich.

 

 

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